Dienstag, 15. September 2015

Was ist das Burning Man-Projekt? ~ Rekreation, der Transformation und des Trostes.

Das Burning Man ist wohl das legendärste Festival der Welt. Jedes Jahr reisen Anfang September tausende von Menschen Mitten in die Wüste Nevadas, um dort die Stadt Black Rock City zu erschaffen. Eine vorrübergehende Metropole, die der Kunst, Selbstdarstellung, Gemeinschaft, sowie der Selbstständigkeit gewidmet ist.
Im Kontext von Burning Man
 wird deutlich, dass die Grenzen zwischen religiöser und kultureller Aktivität verschwimmen. Diese Trennung zwischen dem, was als „religiös” identifiziert wird und dem, was unter “kulturelle” Aktivitäten fällt, sei symptomatisch für eine Gesellschaft wie den USA, in der Religion zu einer spezifischen Kategorie von Erfahrung gemacht worden sei, die sich fundamental von den Dingen, die das alltägliche Leben ausmachen, unterscheide, schreiben die Religionswissenschaftler Eric Mazur und Kate McCarthy (Mazur/McCarthy 2001: 3).

Magisterarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Ethnologie / Volkskunde, Note: 1,7, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Institut für Ethnologie), 43+76 online Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: 

1986 verbrannten zwei Männer am Baker Beach in San Francisco eine Holzskulptur. Im Jahr 2004 reisten 35 664 Menschen aus aller Welt in das Black Rock Desert in Nevada, um am neunzehnten Burning Man teilzunehmen. Aus der spontanen kleinen Zusammenkunft von ca. 20 Menschen am Strand von San Francisco ist eine Stadt geworden: Black Rock City, ein Megaevent mit Kunstprojekten, einer komplexen städtischen Infrastruktur, Netzwerken und ganzjährigen Aktivitäten.


Black Rock City existiert nur eine Woche im Jahr von Ende August bis Anfang September. Die Attraktivität und Bedeutung Burning Mans für die Menschen ist enorm. Dabei stellt sich die Frage, inwiefern Burning Man als ein Ort gesehen werden kann, an dem die Teilnehmer Erfahrungen machen, die traditionellerweise als Erfahrungen gesehen werden, die im Rahmen von institutionalisierter Religion gemacht werden. Im Kontext von Burning Man wird deutlich, dass die Grenzen zwischen religiöser und kultureller Aktivität verschwimmen. Anhand der Erfahrungsberichte wird schnell ersichtlich, dass Burning Man aufgrund verschiedener Faktoren von den Teilnehmern als eine „außerweltliche“ und besondere Erfahrung wahrgenommen wird, die für viele zugleich eine transformative und spirituelle ist. Ritual und Spiritualität werden in der spielerischen liminalen Welt von Black Rock City neu erfunden. Black Rock City wird so zu einem „heiligen“ Ort der Rekreation, der Transformation und des Trostes.

Die Hintergründe und Motive zur Entstehung Burning Mans

Harvey (2000), der Gründer Burning Mans, beschreibt die seinem Empfinden nach gefährliche Entwicklung der amerikanischen Gesellschaft während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die Lethargie, in die die Menschen gefallen seien. Für alles und jedes werde geworben, Lifestyle werde immer wieder neu erfunden und verkauft. Unter diesen Bedingungen falle es schwer, sich als Teil einer Community zu fühlen. Das Leben, das die Menschen führen, sei kein „wirkliches“ mehr, da „these fashions require no participation in the life of a community [...]. We have become a nation of posers. It’s not a life that’s lived or shared but an imitation of life” (Harvey 2000: 1). Mit der zunehmenden Bedeutung materialistischer Werte habe auch der Zynismus der Menschen zugenommen. Das Resultat sei moralische Passivität und soziale Ängste. Harvey war überzeugt, dass die Zeit für Veränderungen gekommen sei:
We need some deep and drastic therapy to break this spell. We need to reestablish contact with our inner selves. We need to reinvent a public World. We need immediate connection to the natural world of vital need. And this is where my work and the experience called Burning Man comes in (ebd.: 1).

Die Bedeutung von Burning Man für Larry Harvey

Harvey nimmt an, dass Burning Man einen Effekt auf das Alltagsleben der Teilnehmer hat, dass diese etwas von den Erfahrungen, die sie in der Wüste machen, in ihren Alltag mitnehmen. In einem Interview mit Leo Nash (1995) sagt Harvey:
[...] it doesn’t have much significance unless [...] its meaningfulness is back in what we laughingly call real life. I can see how that’s beginning to be generated. […] It affects people’s perception of normal life a lot. […] we get reports that frankly on the face of it sound like conversion experiences, and ‘It changes my life’ story. That’s not at all uncommon (Nash 1995, siehe Literaturverzeichnis unter Internetquellen).

Die Bedeutung Der Verbrennung

Die Burning Man Organisation selbst schreibt der Verbrennung keine spezifische Bedeutung vor (Burning Man website, http://www.burningman.com). Die Opferung kann für jeden Teilnehmer eine andere Bedeutung haben. Harvey sagt in einem Interview mit Marc Goldchstein (2003), dem Man sei ganz bewusst keine Bedeutung zugeschrieben worden. Burning Man schaffe das Forum, Erfahrungen zu machen, jedoch ohne vorgeschriebene Bedeutung. Es gehe ausschließlich um die Teilnehmer und ihre Erfahrung (Goldchstein 2003: 4).
Harvey behauptet, dass die am häufigsten gestellten Forderungen kleiner Kinder „ pick me up “(heb mich hoch!) und „ look at me “(schau nach mir-guck mal!) seien. Alle Menschen hätten das Bedürfnis, gesehen zu werden, wenn sie etwas Tolles machen. Der Man sei unbewusst so gebaut worden, dass er diesen Wunsch erfülle. Es sind die Teilnehmer, die den Man erschaffen, indem sie ihn an einem Seil, das an seinem „Nabel“ befestigt ist, aufrichten und für den Rest der Woche sieht er auf sie herab als „this great monitory presence“ (Bell, siehe Literaturverzeichnis unter Internetquellen).

Die Kostüme

Ebenfalls auffällig ist der Ehrgeiz unter den Teilnehmern, was die Kostümierung betrifft. In den Anfängen am Baker Beach und in den ersten Jahren in der Wüste waren die Teilnehmer nicht kostümiert. Einige nahmen Burning Man zum Anlass, etwas zu tragen, das im Alltag unpassend gewesen wäre oder waren nackt (Dr. Lizard 2003, siehe Literaturverzeichnis unter Internetquellen). Nach den „primitiven“ Anfängen, bei denen auf einfache Art und Weise in der Wüste gecampt wurde, fanden die Teilnehmer Gefallen daran, für den Abend des „ Burns “ eine Cocktailparty zu veranstalten, sich schick anzuziehen und zu dinieren. Die Kostümierung von Teilnehmern, so wie sie heute bei Burning Man zu sehen ist, hat erst 1993 begonnen, als eine Gruppe von Drag Queensin der Wüste erschien und den anderen Teilnehmern bewusst wurde, dass Burning Man ein Forum geschaffen hatte, in dem jeder sein konnte, was er wollte.

Der Teilnehmer Michael Dees fühlt sich erst dann als Teil der Burning Man Community, als er in seinem zweiten Jahr in Black Rock City die Community mit seiner Kunst beschenkt.
Der „Wettkampf unter den Künstlern“, den Larry Harvey in der „realen“ Welt bemängelt, findet also auch bei Burning Man statt.
Die Kunst Burning Mans ist im Gegensatz zu Kunst in Museen häufig darauf ausgerichtet, dass die Teilnehmer durch die Installationen interaktiv werden und löst damit nicht nur durch das Betrachten eine sinnliche Erfahrung aus.
Über die Arbeit der Festangestellten und der Freiwilligen hinaus, werden während des Events die Teilnehmer zur Mithilfe in Form von Eigenverantwortung aufgefordert. Die Regel „Leave No Trace“macht die Teilnehmer verantwortlich für die Beseitigung ihres eigenen Mülls. In ganz Black Rock City gibt es keine öffentlichen Mülleimer (Burning Man website, http://www.burningman.com)
Die Organisation von Burning Man basiert zu einem großen Teil auf der Arbeit von Freiwilligen.Black Rock City verfügt seit 1992 über eine eigene „Polizei“, die Black Rock Rangers, eine Feuerwehr, zwei Tageszeitungen, einige Radiosender, über das Departement of Public Works, das für den Aufbau der gesamten Infrastruktur zuständig ist, die Earth Guardians, die nach dem Event die Aufräumarbeiten leisten, das Center Camp Café, den Checkpoint Salon, ein Informationszentrum für die Teilnehmer während des Events und über einen medizinischen Notdienst (Burning Man website, http://www.burningman.com).
Aber es hat sich doch was geändert: Ein Management ist nötig geworden. Aus den ersten paar Hundert, die ab 1990 in die Wüste pilgerten, sind zuletzt mehr als 68.000 "Burners" geworden.
Denn Management ist nötig geworden. Aus den ersten paar Hundert, die ab 1990 in die Wüste pilgerten, sind zuletzt mehr als 68.000 "Burners" geworden.

Ein logistischer Albtraum, aus dem strikte Regeln erwachsen sind, Prinzipien genannt. So muss zum Beispiel jeder seinen Müll wieder mitnehmen. Im inneren Zirkel herrscht heute ein Fahrverbot. Und es gibt eine Lotterie für Tickets, die dieses Jahr 390 Dollar pro Person kosten oder 800 Dollar im Vorverkauf. All das gehe zu Lasten des ursprünglichen Festivalgedankens, monieren manche.
Das Happening sei zur Klassengesellschaft mutiert, kritisieren einige, vereinnahmt von Silicon-Valley-Millionären, die ein paar Tage lang so täten, als seien sie von allem Materiellen befreite Geister. Kunst oder Kommerz, die uralte Frage erreichte so auch die Wüste.


Lies auchKaum jemand glaubt tatsächlich an Gott. Nicht wirklich. Der durchschnittliche Christ verhält sich in seinem Leben wie der durchschnittliche Atheist. Das Gefängnis z. B. beherbergt überwiegend Christen (Atheisten sind dort →deutlich unterrepräsentiert ). Der durchschnittliche Mörder, Totschläger, Räuber, Päderast  [3] und Vergewaltiger glaubt an die Existenz Gottes und an die Hölle. Hat ihn das von seinen Taten abgehalten? Offensichtlich nicht.

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