Mittwoch, 4. Dezember 2013

ward, buk odr backte? - ‚Das Wort ward Fleisch‘ ~ Karl Barth

‚Das Wort ward Fleisch‘ Es wurde nicht Fleisch!
Frage:
ob ich nun den Kuchen buk oder backte macht doch inhaltlich keinen Unterschied oder?
 Antwort:
Tja, meine Frau könnte dir den Unterschied sagen. Deutschlehrerin. Erst mal, ich entdeckte in einem Buch von Karl Barth den Hinweis, das es wichtig ist. Ich such den nochmal raus. 

Aber mal was anderes. Wenn das Wort Fleisch geworden ist, und das Wort Gott war das Wort, was ist dann die Bibel jetzt? Oder was war das Wort, bevor es Bibel wurde? Oder wurde das Wort gar nicht Bibel?
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Die Fleischwerdung des Wortes von http://www.reformiert-info.de/1569-0-37-5.html
Johannes 1,14: Und das Wort ward Fleisch und nahm Herberge unter uns und wir schauten seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als die eines Einziggeborenen seines Vaters, der voll Gnade und Wahrheit ist.

„Unter ‚Wort‘ versteht der Evangelist, woher er den merkwürdigen Begriff (Logos) auch gehabt haben mag, nach dem ganzen Zusammenhang unzweideutig eine faktisch und konkret an die in dieser Welt lebenden Menschen ergangene, ergehende und von ihm selbst vernommene göttliche Anrede. Kein erkenntnistheoretisches und kein metaphysisches Prinzip. Nicht ‚den Sinn‘ und nicht ‚die Kraft‘ und nicht (wie Faust ‚getrost‘ schreibt) ‚die Tat‘, sondern (obwohl Faust ‚das Wort so hoch unmöglich schätzen‘ kann) wirklich das Wort, aber nicht das Wort im allgemeinen, nicht die Idee des Wortes, sondern das bestimmte, wenn auch unvergleichliche, für den Evangelisten mit derselben Gewissheit wie seine eigene Existenz geschehene und geschehende und mit der Selbstevidenz eines Axioms überzeugende Ereignis der Rede Gottes. Gott hat geredet und redet noch. Alle Erkenntnistheorie und Metaphysik, alles, was man von Gott als Sinn und Kraft und Tat wissen und sagen mag, ist darin aufgehoben und erledigt, dass Gott geredet hat und noch redet. Gott! Was er unter solcher Gottesrede versteht, hat der Evangelist in den unserem Text vorangehenden Versen klar gemacht: Ein Wort, das dort gedacht und gesprochen ist, wo Gott selber ist, im ewigen ‚Anfang‘ aller Dinge, ein Wort, das vorbehaltlos Gottes eigene Art, Natur und Wesen hat, das ohne alle Gleichnisrede sein Wort ist. Als solches das Wort, durch das alles geworden ist – und das das ‚Leben‘, die Erlösung in sich trägt, deren ‚Licht‘ der Offenbarung den Menschen leuchtet auch in ihrer Finsternis. Nicht erkannt von der Welt, nicht aufgenommen da, wo es ursprüngliches Heimatrecht, ja Herrenrecht hat, ist es doch kräftig, doch siegreich, schafft es sich selber seine Hörer, seine Empfänger, seine Gläubigen, weil es dieses, weil es Gottes Wort ist.

... es ‚ward Fleisch‘. Es ‚war da als Fleisch‘, so muss man sofort interpretieren, um alle verkehrten Vorstellungen, die sich aus dem deutschen Begriff ‚Werden‘ hier einstellen könnten, auszuschließen. Keine Verwandlung, sondern ein unbegreifliches Zugleichsein meint Johannes. Ohne aufzuhören, jenes ewige göttliche Subjekt zu sein, ist das Wort da in der Zeit: konkret, kontingent, gegenständlich, erkennbar als ein Gegenüber des Menschen. Als ein wirkliches, also als ein menschliches Gegenüber; denn nur der Mensch kann dem Menschen wirklich gegenüberstehen. Das ist die Wirklichkeit der Offenbarung nach dem allgemeinsten Sinn unseres Textes: die Gottesrede, von der das Evangelium Zeugnis ablegt, ist (ohne irgend einen Abstrich an ihrer Majestät und Autorität, sondern so gerade majestätisch und autoritativ!) ein Mensch. Umgekehrt ausgedrückt: der Mensch, von dem das Evangelium berichtet, ist – nicht das ‚Symbol‘, nicht die ‚Erscheinung‘ der Gottesrede an den Menschen, nicht ihre höchstmögliche Ausprägung im Relativen, sondern ist selbst die Gottesrede, die eine, einzige, die erste und letzte. Dieses ‚ist‘ ist das Weihnachtsevangelium.

Aber der Begriff ‚Fleisch‘ sagt mehr als bloß ‚Mensch‘ und Fleischwerdung mehr als Menschwerdung. ‚Fleisch‘ (Sarx) heißt im Neuen Testament nicht die menschliche Natur im allgemeinen und Idealen, sondern konkret: die Menschennatur, in der ich mich vorfinde, die Natur ‚Adams‘, die Natur, die dem Menschen unter dem Zeichen seines Sündenfalls, im Gebiet der ‚Finsternis‘, in seinem prinzipiellen Widerspruch gegen Gott und mit sich selbst eigen ist. Es heißt nicht: das Wort ward ein Edelmensch, ein Heros, eine ‚Persönlichkeit‘, sondern es heißt: ‚in unendlicher Gnade vereinigt es sich mit den Unflätigen und Gemeinen‘ (Calvin, Institutio II 13,2). ...

Nicht als von weitem strahlender König, Held oder Weiser tritt der Mensch, der die Gottesrede ist, der ‚Finsternis‘ der anderen gegenüber, sondern – ‚das Licht scheint in der Finsternis‘ – als gewöhnlicher Mensch den gewöhnlichen Menschen. Das ist die Unbegreiflichkeit, daran liegt aber auch die Wirklichkeit der Offenbarung, das unterscheidet das Weihnachtsevangelium von allen wehmütig-optimistischen Träumereien: das Wort Gottes ist da, wo wir selbst sind: nicht, wo wir vielleicht gerne wären, nicht auf einer der Höhen, die wir bei einigem Glück und gutem Willen gelegentlich wohl erklettern können, sondern da, wo wir uns, ob König oder Bettler, tatsächlich vorfinden: in der Zerrissenheit, in der wir (dem Tode entgegen!) erscheinen im ‚Fleische‘. ... Er [die Knechtsgestalt in Philipper 2,2] begegnet dem Rätsel unserer ‚Finsternis‘ auf seinem eigenen Boden. ...

Man beachte an diesem entscheidenden Satz: ‚Das Wort ward Fleisch‘ unseres Textes noch Folgendes. Einmal: Man darf das souveräne Übergewicht der ersten über die zweite Seite dieser Gleichung nicht übersehen. Das ‚Wort‘ ist Subjekt, das ‚Fleisch‘ ist Prädikat, und dabei bleibt es. Das Wort ist die Person, die hier Mensch ist. (Nicht ist es etwa eine menschliche Person, die hier das Wort ist!) Das Wort redet, das Wort handelt, das Wort offenbart, im Fleische, als Fleisch, aber das Wort, nicht das Fleisch als solches. ...

‚Das Wort ward Fleisch‘ bedeutet eine nicht aufzulösende Gleichsetzung des Ungleichen, ein Rätsel, entsprechend dem Rätsel der ‚Finsternis‘, der das Wort im Fleisch begegnet. Das fleischgewordene Wort ist ‚wahrer Gott und wahrer Mensch‘, nicht das eine oder das andere und nicht ein höheres Drittes. Die Einheit seiner Offenbarung ist keine synthetische, sondern eine dialektische Einheit: sie muss immer wieder erfragt werden, und sie muss sich als Antwort immer wieder ergeben. Endlich: Die Fleischwerdung des Wortes ist eine Handlung Gottes an dem Menschen, dem er sich offenbart. Sie ist als Problem nicht eindeutig. Es gibt die Möglichkeit des Ärgernisses. Es gibt ohne die Handlung Gottes in ihr sogar nur die Möglichkeit des Ärgernisses, nur die Möglichkeit, Christus als der Zöllner und Sünder Geselle anzusehen und als Gotteslästerer ans Kreuz zu schlagen. Wer Ohren hat, zu hören, der hört. ‚Der Geist macht lebendig, das Fleisch ist nichts nütze‘, lesen wir bei Johannes an späterer Stelle (6,63). – Offenbarung bleibt Offenbarung, Zerreißen des Geheimnisses Gottes, so könnten wir diese Erläuterungen zusammenfassen. Oder: Ohne das Kreuz von Golgatha ist auch an der Krippe zu Bethlehem das Evangelium nicht zu hören. ...“

aus einer „Weihnachtsbetrachtung“ in den "Münchner Neuesten Nachrichten" 1926

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