Freitag, 25. Januar 2013

Über die innere Zerrissenheit Hudson Taylors

Diese Spannung unter der Oberfläche.
 Alexander Finkenwirth als Wiggo in „Der Eisvogel.
Foto:  HL Böhme in 
http://www.pnn.de/potsdam-kultur/713058/
Über die innere Zerrissenheit Hudson Taylors
Die folgende Abhandlung bezieht sich direkt auf die vorangegangene. 
Sie schildert den inneren Kampf eines Gotteskindes, bis es zur Ruhe in Christus gekommen ist.
Hudson Taylor schildert in seinem Brief an seine Frau (von dem hier Auszüge niedergeschrieben sind), wie schlimm er seine innere Zerrissenheit empfand, weil er zwar wusste, dass er ein Kind Gottes war, aber nicht im Geringsten dem HERRN zu dienen vermochte und sich immer deutlicher seiner eigenen Kraftlosigkeit bewusst war.
Bis der HERR JESUS ihm eine Offenbarung Seiner Selbst schenkte...

"Ich fühlte, dass ich für mich persönlich wie für die ganze Mission mehr Heiligkeit, mehr Leben, mehr Kraft bedürfe. Ich empfand, welche Undankbarkeit, Gefahr und Sünde darin lag, dass ich nicht ganz nahe bei Gott lebte. Ich betete, fastete, rang, fasste Entschlüsse, las das Wort Gottes fleißiger, suchte mir mehr Stille zu nehmen, um über die göttlichen Dinge nachzudenken — alles war wirkungslos.
Jeden Tag, ja jede Stunde stand ich unter dem Druck der Sünde. Ich wusste, dass alles gut sein würde, wenn ich nur in Jesus bliebe; aber ich konnte nicht.
Ich begann den Tag mit Gebet und war entschlossen, meine Augen nicht einen Augenblick von Ihm abzuwenden. Aber jeder Tag brachte ein ganzes Register von Sünde und "Zu-kurz-kommen", von Mangel an Kraft. Wohl hatte ich allezeit das Wollen, aber das Vollbringen fand ich nicht.
Dann kam die Frage: „Gibt es wirklich keine Rettung? Muss es so bis zum Ende bleiben — beständiger Kampf und anstatt Sieg oft Niederlage?"
Auch konnte ich doch nicht mit Aufrichtigkeit verkündigen, dass Jesus allen denen, die ihn aufnehmen, Kraft gibt, Gottes Kinder zu werden, wenn das nicht meine Erfahrung war.Anstatt stärker zu werden, schien es, als ob ich immer schwächer würde und weniger Kraft gegen die Sünde hätte.
Ich war mir bewusst, dass ich ein Kind Gottes bin;- Sein Geist rief in meinem Herzen trotz allem: „Abba, lieber Vater!" Aber aufzustehen und mein Kindesrecht in Anspruch zu nehmen, dazu war ich nicht imstande.
Ich fühlte, dass ich nichts auf der Welt so sehr begehrte und nichts so sehr bedurfte als Heiligung. Aber je mehr ich mich nach der Heiligung ausstreckte und mich bemühte, sie zu erlangen, desto weniger konnte ich sie fassen.
Ich glaube nicht, dass ich jemals in eigener Kraft dies Ziel zu erreichen suchte; ich wusste ja, dass ich machtlos war.
Ich sagte es dem Herrn und bat ihn, mir Hilfe und Kraft zu verleihen, und bisweilen war mir zumute, als ob er mich
bewahren und aufrechterhalten würde. Aber wenn ich am Abend auf den Tag zurückblickte, ach, dann war nur Sünde und Zukurzkommen da, was ich vor Gott bekennen und betrauern musste.
Ich musste immer wieder sehen, dass das, wonach ich strebte, mir entschwand, und dadurch geriet ich fast in Verzweiflung.Und doch war Jesus mir nie kostbarer erschienen; ich wusste,Er war ein Heiland, der einen solchen Sünder retten konnte und der es auch wollte.
Die ganze Zeit hindurch war ich gewiss, dass in Christus alles war, was ich brauchte; aber ich wusste nicht, wie ich es mir aneignen sollte.
Er war reich, ich aber war arm; er war stark, aber ich blieb schwach. Ich wusste, dass in der Wurzel, im Stamm genügend Kraft und Leben war. Die Frage war jedoch, wie ich diese in meinen winzig kleinen Zweig bekommen sollte. Als allmählich das Licht anfing aufzudämmern, sah ich, dass der Glaube die einzige Vorbedingung sei, — die Hand, mit der ich seine Fülle ergreifen und mir zueigen machen könnte. Aber ich hatte diesen Glauben nicht. Ich strebte danach, aber er wollte nicht kommen; ich versuchte, ihn zu üben, aber es gelang mir nicht. Je mehr ich den wunderbaren Reichtum der Gnade, die in Jesus liegt, erkannte und die Fülle in unserem kostbaren Erlöser sah, desto größer schien meine Hilflosigkeit und Schuld zu werden. Sünden, die ich beging, erschienen mir gering im Vergleich zu der Sünde des Unglaubens, der Gott nicht beim Worte nehmen konnte und wollte, sondern ihn zum Lügner machte! Der Unglaube war, das fühlte ich, die Sünde, um welcher willen die Welt verdammt wird, und doch musste ich diesem immer wieder nachgeben. Ich betete um Glauben, aber er kam nicht. Was sollte ich tun? Als meine Seelenangst ihren Höhepunkt erreicht hatte, gebrauchte der Herr einen Satz in einem Brief des lieben Bruders McCarthy,
um mir die Schuppen von den Augen zu nehmen, und der Geist Gottes offenbarte mir die Wahrheit unseres Einsseins mit Jesus, wie ich es nie zuvor gesehen hatte. McCarthy, der
durch dieselben inneren Nöte wie ich gegangen war, aber dem das Licht vor mir aufging, schrieb (ich führe aus dem Gedächtnis an) : „Aber wie soll unser Glaube gestärkt werden?
Nicht dadurch, dass wir um Glauben ringen, sondern dadurch, dass wir ruhen in dem, der treu ist."
Als ich das las, da wurden meine Augen geöffnet!
„Wenn wir nicht glauben, so bleibt Er treu." - und was für Freude strömte da in meine Seele — ich erkannte, dass Er gesagt hatte: „Ich will dich nicht verlassen noch versäumen."
„O das gibt Ruhe!" dachte ich. „Ich habe mich umsonst bemüht, die Ruhe in ihm zu finden. Ich will mich nicht mehr anstrengen. Er hat ja verheißen, dass Er mich nie verlassen, mich nie versäumen will." Und Er wird es nie tun!
Aber dies war nicht alles, was Er mir zeigte, nicht einmal die Hälfte. Als ich an den Weinstock und die Reben dachte, da strömte der werte Heilige Geist kostbares Licht in meine
Seele. Wie groß erschien mir der Fehler, den ich begangen hatte, indem ich wünschte, daß ich den Saft, die Fülle aus ihm heraus durch meine Anstrengungen bekommen möchte. Ich
erkannte nicht nur, dass Jesus mich nie verlassen würde, sondern auch, dass ich ein Glied an seinem Leibe bin, von seinem Fleisch und seinem Gebein. Ich sah auch, dass der Weinstock nicht nur die Wurzel ist, sondern alles: Wurzel, Stamm, Reben, Ranken, Blätter, Blüten, Früchte. Und Jesus ist nicht nur das, er ist auch Erdboden und Sonnenschein, Luft und Regen und zehntausendmal mehr als alles, was wir geträumt, gewünscht und verlangt haben. O die Freude, diese Wahrheit zu verstehen!
Ebensowenig können deine wie meine Gebete abgewiesen werden, wenn sie im Namen Jesu dargebracht werden von solchen, die Glieder seines Leibes sind. Wenn wir um etwas bitten würden, das nicht im Einklang ist mit dem Willen Gottes, dann natürlich läge die Sache anders. Aber „wenn
wir etwas bitten nach seinem Willen, so hört er uns, und wir wissen, dass wir die Bitten haben, die wir von ihm erwarten".
Das Lieblichste ist die Ruhe, welche das volle "Sich-eins-wissen" mit Jesus bringt.
Wenn ich dies erfasst habe, so bin ich nicht länger ängstlich über irgend etwas; denn ich weiß, Er kann seinen Willen ausführen, und sein Wille ist auch mein Wille. Es macht mir nichts aus, wohin Er mich stellt und wie Er es tut. Es ist Seine Sache, das zu überlegen, nicht die meinige; denn in den leichtesten Stellungen muß Er mir seine Gnade geben, und auch
in den schwierigsten genügt seine Gnade für mich. Wenn Gott mich in große Schwierigkeiten stellt, so darf ich von Ihm die Leitung erwarten; Er wird mir in schwierigen Lagen viel Gnade
geben, und in drückenden und versuchungsvollen Umständen wird Er viel Kraft darreichen. Wir brauchen uns nicht zu fürchten, dass seine Hilfsquellen für unsere Bedürfnisse nicht genügen könnten. Alles dies kommt von dem Einssein des Gläubigen mit Christus. Und schon als es begann Christus durch den Glauben in meinem Herzen wohnt, bin ich so unaussprechlich glücklich."

Hudson Taylor

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen